Im Kanton Basel-Stadt erfassen verschiedene Institutionen Daten zu Häuslicher Gewalt. Diese Seite gibt einen Überblick über die Daten, um das Thema besser zu verstehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es eine erhebliche Dunkelziffer gibt. Veränderungen in den erfassten Fallzahlen müssen daher nicht zwangsläufig bedeuten, dass sich die Häufigkeit von Häuslicher Gewalt erhöht oder verringert hat.
Erfahren Sie mehr über das Hell- und Dunkelfeld.
Unter «Bereiche» oder durch Klick auf die folgenden Boxen finden Sie die aktuellen Daten der hier aufgelisteten Institutionen.
Die jeweiligen Organisationen haben unterschiedliche Aufträge und erfassen ihre Daten unterschiedlich. Deshalb können die Daten nur mit Vorbehalt miteinander verglichen werden. Beispielsweise rückt die Kantonspolizei aus bei Fällen, die auf baselstädtischem Gebiet passieren. Die Opferhilfe beider Basel und die Frauenhäuser wiederum bieten Unterstützung für Personen mit Wohnsitz in Basel-Stadt und Basel-Landschaft. Diese Unterschiede widerspiegeln sich in den gesammelten Daten.
Häusliche Gewalt
Häusliche Gewalt ist Gewalt zwischen Menschen, die zueinander in einer bestehenden oder aufgelösten familiären oder partnerschaftlichen Beziehung stehen. Häusliche Gewalt ist die Androhung oder Ausübung von physischer, psychischer, sexueller oder wirtschaftlicher Gewalt innerhalb einer bestehenden oder aufgelösten ehelichen, partnerschaftlichen oder familiären Beziehung – unabhängig davon, ob die Tatperson denselben Wohnsitz wie das Opfer hat oder hatte.
Die folgenden Auswertungen zeigen die Polizeieinsätze - unabhängig davon, ob ein strafrechtlich relevantes Ereignis festgestellt wird oder ob Anzeige erstattet wird. Pro Einsatz kann es eine oder mehrere Tatpersonen und eines oder mehrere Opfer geben. Zudem kann eine Person mehrfach pro Jahr als Tatperson oder Opfer in die Statistik eingehen.
Im Jahr 2024 rückt die Polizei insgesamt 441 Mal wegen Häuslicher Gewalt aus.
Davon wird in 349 Fällen ein Delikt festgestellt.
In 69% der Fälle meldet das Opfer den Vorfall, in 26% ist es eine Drittperson.
Im Jahr 2024 ist der August der Monat mit den meisten Einsätzen.
Über den gesamten Zeitraum hinweg liegt der höchste Wert im März 2020.
Zur Mittagszeit und in den Abendstunden gibt es im betrachteten Zeitraum die meisten Einsätze.
Am Wochenende ist dieses Muster weniger stark ausgeprägt.
In der Nacht von Samstag auf Sonntag ist zudem eine Häufung in den frühen Morgenstunden zu beobachten.
Bei Polizeieinsätzen wegen Häuslicher Gewalt werden im Jahr 2024 insgesamt 542 Tatpersonen registriert.
71% davon sind männlich.
62% haben eine ausländische Staatsangehörigkeit.
4% sind minderjährig.
Bei Polizeieinsätzen wegen häuslicher Gewalt werden im Jahr 2024 insgesamt 568 Opfer registriert.
70% davon sind weiblich.
56% haben eine ausländische Staatsangehörigkeit.
8% sind minderjährig.
Ein Grossteil der Opfer im Jahr 2024 ist (293 Personen) oder war (140 Personen) in einer Paarbeziehung mit der Tatperson.
Im Jahr 2024 sind 60% der weiblichen Tatpersonen beim gleichen Vorfall auch Opfer. Bei den Männern liegt dieser Anteil bei 25%.
Im Jahr 2024 finden 201 bzw. 46% der Polizeieinsätze wegen Häuslicher Gewalt in einem Haushalt statt, in dem Kinder leben.
Im Jahr 2024 leben insgesamt 322 Kinder in Haushalten, zu denen die Polizei wegen einem Vorfall von Häuslicher Gewalt ausrücken muss.
Bei rund 66% handelt es sich um gemeinsame Kinder.
Ein strafrechtlich relevanter Vorfall von Häuslicher Gewalt wird entweder von Amtes wegen durch die Polizei oder Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht (Offizialdelikt) oder durch eine betroffene Person, die einen Strafantrag stellt (Antragsdelikt). Ein Fall von Häuslicher Gewalt kann mehrere Straftaten umfassen, beispielsweise zwei Tätlichkeiten und eine Drohung.
Im Jahr 2024 werden in Basel-Stadt 791 Straftaten im Bereich Häusliche Gewalt zur Anzeige gebracht.
Die drei häufigsten Straftatbestände im Bereich Häusliche Gewalt sind 2024 Tätlichkeiten (297), Drohung (173) und Beschimpfung (105).
Bei der schweren Gewalt gibt es 2024 einen Anstieg der Vergewaltigungen (19).
Zum Schutz der gefährdeten Personen kann die Polizei sogenannte Schutzmassnahmen (Rayon-, Kontaktverbot oder Wegweisung) anordnen. Sie kann dies nur tun, wenn ein strafrechtlich relevantes Ereignis vorliegt. Dabei kann sie nur eine der drei Schutzmassnahmen oder mehrere gleichzeitig anordnen. Die Schutzmassnahmen gelten während 14 Tagen ab Mitteilung an die gefährdende Person.
Im Jahr 2024 werden insgesamt 293 Schutzmassnahmen angeordnet.
Davon sind 114 Kontaktverbote, 102 Rayonverbote und 77 Wegweisungen.
Bei rund 32% der Polizeieinsätze wegen Häuslicher Gewalt, bei denen ein Delikt festgestellt wird, werden 2024 Schutzmassnahmen angeordnet.
Nach einem Vorfall von Häuslicher Gewalt übermittelt die Polizei den Rapport an den Fachbereich Gewaltberatung. Dieser nimmt zeitnah mit der Tatperson Kontakt auf. In der Gewaltberatung setzen sich die Tatpersonen mit ihrem Verhalten auseinander, lernen Verantwortung zu übernehmen und Herausforderungen im Beziehungskontext gewaltfrei zu bewältigen. Ziel ist die Verhinderung weiterer Gewaltvorfälle.
Im Jahr 2024 werden vom Sozialdienst der Kantonspolizei 331 Rapporte an den Fachbereich Gewaltberatung übermittelt.
2024 werden 394 Personen beim Fachbereich Gewaltberatung gemeldet.
Davon können 129 telefonisch erreicht werden.
93 Personen erscheinen zu einer Gewaltberatung.
86% der im Jahr 2024 zur Gewaltberatung erscheinenden Personen wohnen in Basel-Stadt.
81% sind männlich.
71% haben eine ausländische Staatsangehörigkeit.
Über die Hälfte (56%) ist zwischen 35 und 49 Jahre alt.
Von den 93 Personen im Jahr 2024, die zur Gewaltberatung erscheinen, haben rund 54% ein Gespräch, 34% zwei oder drei Gespräche und 12% mehr als drei Gespräche.
Im Lernprogramm setzen sich die Gewaltausübenden vertieft und über einen längeren Zeitraum mit ihren Verhaltensweisen auseinander. Ziel ist die Verhinderung weiterer Gewaltvorfälle. Deutschsprachigen Männern wird das Lernprogramm im Gruppensetting angeboten. Fremdsprachige Männer sowie Frauen absolvieren das Lernprogramm im Einzelsetting.
Im Jahr 2024 sind es 32 Anmeldungen fürs Lernprogramm.
Zwischen 2020 und 2024 haben 38% der Angemeldeten das Lernprogramm regulär abgeschlossen.
59% der Anmeldungen zwischen 2020 und 2024 werden von der Staatsanwaltschaft während eines hängigen Strafverfahrens gemacht.
Im Jahr 2024 sind es 20 Anmeldungen für das Einzelsetting und 12 Anmeldungen für das Gruppensetting.
Zwischen 2020 und 2024 haben beim Einzelsetting 39% der Angemeldeten das Lernprogramm regulär abgeschlossen. Beim Gruppensetting waren es 37%.
68% der Anmeldungen für das Einzelsetting zwischen 2020 und 2024 werden von der Staatsanwaltschaft während eines hängigen Strafverfahrens gemacht. Beim Gruppensetting sind es 48%.
Fast die Hälfte aller Beratungsgespräche bei der Opferhilfe beider Basel dreht sich um Häusliche Gewalt. Betroffenen Personen wird umfassende Unterstützung angeboten – rechtlich, psychologisch und sozial. Auch Angehörige von betroffenen Personen haben Anspruch auf eine Beratung. Die Gespräche sind kostenlos, vertraulich und auf Wunsch anonym.
Im Jahr 2024 hat die Opferhilfe beider Basel 1443 neue Beratungsfälle wegen Häuslicher Gewalt eröffnet.
46% der neu beratenen Personen im Jahr 2024 wohnen in Basel-Stadt, 42% in Basel-Landschaft.
80% sind weiblich.
61% haben eine ausländische Staatsangehörigkeit.
Ein Grossteil (61%) ist zum Beratungszeitpunkt zwischen 18 und 64 Jahren alt. Allerdings ist bei 24% der Personen das Alter nicht bekannt.
Hinweis
Unter «Opfer und Angehörige(r)» sind Personen zu verstehen, die gleichzeitig den Opfer- und Angehörigenstatus in einem Beratungsfall einnehmen (z. B. Mann tötet seinen Sohn und verletzt seine Frau: Letztere ist «Opfer» einer Körperverletzung und «Angehörige» bezüglich des getöteten Sohnes).
Im Jahr 2024 wird in 93% der neuen Fälle direkt das Opfer beraten, in 4% Personen, die sowohl Opfer als auch Angehörige sind und in weiteren 4% nur die Angehörigen.
In rund der Hälfte aller Fälle erfolgt die erste Kontaktaufnahme durch das Opfer oder eine angehörige Person.
Das Frauenhaus beider Basel (FHBB) und das Frauenhaus Wohnen für Frauen und Kinder (WFK) sind wichtige Zufluchtsorte für Frauen und Kinder. Beide Einrichtungen werden von Basel-Stadt und Basel-Landschaft subventioniert und bieten Schutz, Unterkunft und Beratung für Betroffene aus beiden Kantonen. Bei Bedarf und entsprechender Kapazität nehmen sie auch Frauen und Kinder aus weiteren Kantonen auf.
Im Jahr 2024 suchen insgesamt 304 Frauen und Kinder Schutz in Frauenhäusern in Basel-Stadt.
Davon sind 166 Frauen und 138 Kinder.
Im Jahr 2024 wohnen 39% der schutzsuchenden Frauen in Basel-Stadt, 37% in Basel-Landschaft.
Rund 74% der Frauen haben eine ausländische Staatsangehörigkeit.
Die Frauenhäuser sind im Jahr 2024 durchschnittlich zu 93% ausgelastet. Im Juni ist die Belegung am höchsten (101%), im Juli am tiefsten (84%).
Eine Auslastung über 100% kann resultieren, da das WFK mehr Plätze als die subventionierten 16 hat. Oder wenn mehr Kinder als zur Verfügung stehende Betten im Zimmer aufgenommen werden (z. B. kleine Kinder in Babybetten).
In den Jahren 2020 und 2021 standen wegen dem Frauenhaus-SOS mehr Schutzplätze zur Verfügung.
Im Jahr 2024 suchen insgesamt 135 Frauen und Kinder Schutz im Frauenhaus beider Basel.
Davon sind 81 Frauen und 54 Kinder.
Im Jahr 2024 wohnen 35% der schutzsuchenden Frauen im FHBB in Basel-Stadt, 43% in Basel-Landschaft.
Rund 69% der Frauen haben eine ausländische Staatsangehörigkeit.
Das FHBB ist im Jahr 2024 durchschnittlich zu 96% ausgelastet. Im April ist die Belegung am höchsten (107%), im Januar am tiefsten (81%).
Eine Auslastung über 100% kann resultieren, wenn mehr Kinder als zur Verfügung stehende Betten im Zimmer aufgenommen werden (z. B. kleine Kinder in Babybetten).
In den Jahren 2020 und 2021 standen wegen dem Frauenhaus-SOS mehr Schutzplätze zur Verfügung.
Im Jahr 2024 finden 18 Frauen und Kinder in der PasserElle Schutz, Beratung und Unterkunft.
Im Jahr 2024 suchen insgesamt 169 Frauen und Kinder Schutz im Frauenhaus beider Basel.
Davon sind 85 Frauen und 84 Kinder.
Im Jahr 2024 wohnen 42% der schutzsuchenden Frauen im WFK in Basel-Stadt, 31% in Basel-Landschaft.
Rund 82% der Frauen haben eine ausländische Staatsangehörigkeit.
Das WFK ist im Jahr 2024 durchschnittlich zu 90% ausgelastet. Im Februar ist die Belegung am höchsten (105%), im Mai am tiefsten (72%).
Eine Auslastung über 100% kann resultieren, da das WFK mehr Plätze als die subventionierten 16 hat.
Die Zahlen zu Häuslicher Gewalt beruhen auf unterschiedlichen Datenquellen. Jede dieser Quellen beleuchtet das Thema aus einem eigenen Blickwinkel und erfasst Daten nach eigenen Kriterien und Definitionen. Die Kenntnis der Datenquelle hilft dabei, ihre Aussagekraft einzuordnen.
Die Daten entstehen in der täglichen Arbeit der verschiedenen Institutionen. Sie werden in den meisten Fällen primär zur Erfüllung von Kernaufgaben wie Fallbearbeitung oder Berichterstattung erhoben und nicht speziell für statistische Analysen. Unterschiedliche Definitionen von Häuslicher Gewalt, unterschiedliche Falldefinitionen, unterschiedliche räumliche Bezüge (Ort der Straftat oder Wohnort) und unterschiedliche Erfassungszeiträume setzen Grenzen für die Vergleiche zwischen den Daten der verschiedenen Institutionen.
Im Folgenden werden die Institutionen, deren Daten auf diesem Dashboard gezeigt werden, kurz vorgestellt. Es wird auch auf Besonderheiten zu den Datensätzen hingewiesen.
Das Projekt Gewaltmonitoring des Kantons Basel-Stadt hat das Ziel, Daten zu Gewalt zu erfassen, zu verknüpfen und systematisch auszuwerten. Der thematische Fokus während des Aufbaus liegt auf Daten zu Häuslicher Gewalt. Mit dem Beschluss des Grossen Rats vom 19. Mai 2021 (Geschäft 18.1673) wurde das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt damit beauftragt, ein Gewaltmonitoring aufzubauen.
Damit erfüllt der Kanton Basel-Stadt auch eine Massnahme zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. Diese ist für die Schweiz und somit auch Basel-Stadt seit dem 1. April 2018 in Kraft und zielt darauf ab, Häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen. Unter anderem verpflichtet sie zur systematischen Erfassung von Daten zu diesen Gewaltformen. Im Jahr 2023 hat das Justiz- und Sicherheitsdepartement (JSD) das Gewaltmonitoring als departementales Projekt gestartet. Das Statistische Amt Basel-Stadt wurde beauftragt, die operativen Aufgaben des Projektes zu übernehmen. Die Co-Projektleitung teilen sich die Fachstelle Gewaltschutz und Opferhilfe vom JSD und das Statistische Amt.
Im Jahr 2024 wurde das Gewaltmonitoring in das Kantonale Statistikprogramm aufgenommen. Dies unterstreicht den statistischen Zweck der Datensammlung und -auswertung. Es gelten die Vorgaben des Statistikgesetzes; insbesondere ist sichergestellt, dass keine Personendaten vom Statistischen Amt an andere Stellen weitergegeben werden. Die Veröffentlichung erfolgt auf einer aggregierten Ebene, sodass Rückschlüsse auf einzelne Personen ausgeschlossen sind.
Folgende Ziele hat das Projekt:
Dieses Dashboard ist das erste öffentlich zugängliche Ergebnis des Projekts und hat zum Ziel, Medien, Fachstellen und interessierte Personen umfassender zu informieren. Der aktuelle Stand zeigt einen ersten Überblick über ausgewählte Institutionen.
Im weiteren Projektverlauf ist geplant, die Anzahl der abgebildeten Behörden, Institutionen und Themen kontinuierlich auszubauen. Zudem sind künftig spezifische thematische Analysen vorgesehen. Darüber hinaus unterstützt und berät das Projektteam zuständige Dienststellen und Institutionen bei der Datenerfassung und fördert die Harmonisierung der Daten.
Charlotte Briner
Co-Projektleitung, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Gewaltschutz und Opferhilfe
Tobias Erhardt
Co-Projektleitung, Bereichsleiter Methoden & Datenwissenschaft, Statistisches Amt
Kevin Zaugg
Fachteamleiter Analyse- und Visualisierungstools & Dashboards, Statistisches Amt